Wandergenuss und Graffitis
Kolumbien galt lange Zeit als unsicheres Reiseziel. Dank den Bemühungen der Regierung ist es heute jedoch problemlos möglich, dieses fantastische Land, welches sich immer mehr zu einer Trend-Destination entwickelt, sicher und unbeschwert zu erkunden.
Verfasst von Esther Portmann, Product Manager bei Imbach Reisen
Erschienen im WANDERMAGAZIN SCHWEIZ, November 2024
06. November 2024
Gehören Sie auch zu den Menschen, die ihre Ferien am liebsten von langer Hand planen? Egal, ob dies eine Woche in Kärnten oder sechs Wochen in Patagonien sind? Für mich trifft dies definitiv zu, denn was gibt es Schöneres, als seine Ferienträume nach einer gut recherchierten «Planungs-Phase» in die Tat umzusetzen. Und schliesslich kommt ja auch der Spruch «Vorfreude ist die schönste Freude» nicht von ungefähr. Aber Regeln sind ja bekanntlich auch da, um gebrochen zu werden. Und wenn es sich dabei um ein Land wie Kolumbien handelt, will ich doch gerne eine Ausnahme machen. Eigentlich stand Kolumbien gar nicht auf meiner «Bucket List», denn jahrelang war das Land wegen der Guerilla-Aktivitäten der FARQ und der Gewalt durch die berüchtigten Drogenkartelle kaum sicher zu bereisen. Und wer hat schon Lust ein Land zu erkunden, das nicht sofort auch mit Pablo Escobar, dem berühmten Drogenboss, in Verbindung gebracht wird? Ich jedenfalls nicht. So erstaunt es auch kaum, dass meine freudig angekündigten Reisepläne von meinen Gegenübern sofort mit der Frage «Ist es denn nicht gefährlich, durch Kolumbien zu reisen?» kommentiert wurden. Aber dank einer verlässlichen Quelle namens Marcel wusste ich, dass dem nicht (mehr) so ist. Gottseidank!
Mit Händen und Füssen
Marcel Perret, von Beruf Betriebsökonom und heute als Imbach-Reiseleiter tätig, hat einige Jahre als Entwicklungshelfer auf einer Kaffeeplantage gearbeitet. Er ist immer noch eng mit Kolumbien verbunden und seine Erzählungen über das farbenfrohe Land, die freundlichen Menschen und die faszinierende Latino-Kultur haben mich sofort in den Bann gezogen. So sehr, dass ich spontan beschloss, ein paar Monate später ins Flugzeug zu steigen, um dieses Land selber kennenzulernen. Zusammen mit einer sympathischen Wandergruppe – zu der sich auch mein Mann gesellte – denn auch er wollte sich das «Abenteuer Kolumbien» nicht entgehen lassen. Und so sitze ich nun hier, auf der Dachterrasse unseres Boutique-Hotels in Jardín und lasse den ersten Teil unserer Reise gedanklich Revue passieren. Schon der Start war geglückt. Ein angenehmer Direktflug mit Edelweiss Air brachte uns nach Bogotá. Und das Upgrade in die Economy Max mit etwas mehr Beinfreiheit hat sich mehr als gelohnt.
Nach einer kurzen Nacht im Flughafenhotel wurden wir am Morgen von einem Privat-Chauffeur nach Villa de Leyva gefahren, wo wir für zwei Nächte ein individuelles Vorprogramm gebucht hatten. Das kleine, hübsche Kolonial-Städtchen mit seinem riesigen Hauptplatz (einer der grössten Plätze Kolumbiens) ist eine wahre Augenweide und auf jeden Fall einen Besucht wert. Nur schade, dass wir uns während der Fahrt nicht besser mit dem netten Chauffeur verständigen konnten. Er sprach leider kein Englisch und wir nur ein paar Brocken Spanisch. Aber mit Händen und Füssen klappte es trotzdem. Und wir verstanden sofort, dass wir während einem Kaffee- und Toiletten-Stopp die feinen Arepas (gefüllte Maisfladen) probieren sollten. Sie schmeckten köstlich. Apropos Toiletten; ich kann mich nicht daran erinnern, dass ich je ein Land bereist habe, wo die Toiletten so sauber waren. Und zwar ausnahmslos überall. Diese erfreuliche Tatsache macht das Reisen gleich viel angenehmer, vor allem, wenn man plötzlich an Durchfall leidet. Womit wir beim nächsten Stichwort wären. Dieser unliebsame «Zustand» dauert in der Regel nicht mehr als 2–3 Tage und es gibt überall bestens ausgestattete Apotheken, welche Medikamente verkaufen, die auch in der Schweiz im Angebot sind. Auch sonst sind wir bis jetzt absolut sorglos durch Kolumbien gereist. Es ist halt schon praktisch, wenn der Reiseleiter Land und Leute kennt und die Sprache beherrscht. Wenn er geduldig die Speise- karten übersetzt oder sich auch mal ganz spontan als Tanzpartner zur Verfügung stellt, wie z.B. an jener besagten Baustelle, wo die etwas längere Wartezeit mit einer spontanen Tanzeinlage im Kleinbus überbrückt wurde.
«‹CON MUCHO GUSTO› – SEHR GERNE, MIT VERGNÜGEN! EIN SATZ, DEN ICH WÄHREND UNSERER REISE VIELE MALE ZU HÖREN BEKOMMEN HABE. DIE KOLUMBIANER SIND ÄUSSERST FREUNDLICH UND ZUVORKOMMEND, ABER AUCH FRÖHLICH UND WARMHERZIG.»
Kaffee und Karibikflair
Und was hat mir denn bis jetzt eigentlich am besten gefallen? Waren es die überaus freundlichen Menschen, die gefühlt jeden Satz mit «con mucho gusto» beenden? Waren es die farbenfrohen Kolonialstädtchen mit ihren gepflasterten Gässchen und hübschen Gärten? Oder war es das feine, abwechslungsreiche und vielfach so schön angerichtete Essen, das mich immer wieder aufs Neue überraschte? Ich denke es ist ein Mix von alldem. Und es ist grossartig, dass wir nicht kreuz und quer durch die Gegend fliegen, sondern zwischendurch auch die Wanderschuhe schnüren, um einige Ecken des Landes zu Fuss zu entdecken. Wie z.B. das Cocora-Tal mit seinen imposanten Wachspalmen oder die hügelige Kaffeezone mit den grünen Plantagen und bunten Fincas.
Und ich freue mich auf alles, was jetzt noch kommen wird. So steht u.a. die Besteigung des imposanten, 200 Meter hohen Monolithen Peñon de Guatapé auf dem Programm, aber auch eine Graffiti-Tour durch die berühmte Comuna 13 in Medellín (einst einer der gefährlichsten Stadteile und heute eine Touristenattraktion). Und ganz besonders freue ich mich auf Cartagena, auch liebevoll «Perle der Karibik» genannt. Zu Recht, denn die lebendige Stadt, welche zum UNESCO Weltkulturerbe gehört, ist ein wahres Bijou. Diese Bezeichnung verdient auch der Tayrona Nationalpark mit seinen weiss-sandigen, paradiesischen Buchten. Meine Vorfreude wächst! Und die längeren Fahrten in den komfortablen Kleinbussen – inklusive Schlaglöcher – rücken bei so vielen Höhepunkten glatt in den Hintergrund, denn auch in Kolumbien gilt: Der Weg ist das Ziel.