Plastik
In diesem Blogpost erfahren Sie viel Wissenswertes über Plastik und warum dieser so gefährlich, ja sogar tödlich sein kann. Ein bewusster Umgang ist also wichtig. Hier finden Sie eine möglichst neutrale Sicht, welche als Aufklärung dient. Denn nur wer Bescheid weiss, kann entsprechend entscheiden und handeln.
Verfasst von Sandra Zimmermann, Product Manager & Nachhaltigkeitsverantwortliche bei Imbach Reisen
01. Oktober 2024
Wäre Plastik ein bekannter Schauspieler, dann würde sich seine Karriere wohl wie folgt beschreiben lassen:
«Als er noch klein war, erst ein paar Jahre auf der Welt, wurde er ausnahmslos für Heldenrollen in den bekanntesten Hollywood-Blockbustern engagiert. Sein Stern leuchtete besonders hell am Himmel voller Shooting-Stars. Mit zunehmendem Alter wurde ihm aber immer öfters die Rolle des Bösewichtes zugeschrieben, irgendetwas hatte sich in der Welt verändert… bis er schliesslich heute fast nur noch die Serienmörderrollen erhält! Trotzdem hält er sich nach wie vor wacker im Geschäft und lässt sich nur ganz schwer von der Leinwand vertreiben.»
So praktisch er ist – genauso gefährlich ja sogar tödlich kann Plastik sein. Umso wichtiger ist darum ein bewusster Umgang mit ihm.
Vorab: Bei den Recherchen zu diesem Thema fand ich oft zwei extreme Lager vor: PRO-Plastik und ANTI-Plastik, und diese bekämpfen sich arg. Neutrales Terrain bat eigentlich nur Wikipedia. Ich habe versucht, Euch von beiden Seiten einen Einblick zusammenzustellen. Am wichtigsten ist Aufklärung, denn nur wer Bescheid weiss, kann entsprechend entscheiden und handeln.
Eine kurze Einführung in die Geschichte des Plastiks:
- Birken lieferten den ersten Kunststoff der Menschheitsgeschichte. Das aus Birkenrinde durch Trockendestillation gewonnene Birkenpech diente sowohl Neandertalern als auch dem steinzeitlichen Homo sapiens bereits als Klebstoff bei der Herstellung von Werkzeugen.
- Im 17. und 18. Jahrhundert brachten Naturforscher aus milchigen Baumsäften gewonnene, elastische Massen (Kautschuk) aus Malaysia und Brasilien mit. Für diese wurde in Deutschland der Begriff Gummi eingeführt. Seit Mitte des 19. Jahrhunderts entwickelte sich eine rasch wachsende Gummiindustrie.
- 1862: Der Metallurge Alexander Parkes wird auf der Weltausstellung in London für seinen Zelluloid- Vorläufer «Parkesine» ausgezeichnet, der als erstes Plastikmaterial gilt.
- 1911: Der Münchner Chemiker Ernst Richard Escales prägt den Namen «Kunststoffe».
Woraus besteht das heutige Plastik?
Plastik nennt man alle möglichen Kunststoffe. Sie werden vor allem aus Erdöl mit einigen Zusatzstoffen hergestellt. Der am häufigsten verwendete Kunststoff ist Polyethylen. Schaut Euch dazu dieses 1:17 Minuten kurze Erklärvideo an. Das Spannende ist, dass die Herstellung von gewissen Plastik-Verpackungen weniger Treibhausgase freisetzt, als wenn man die gleiche Verpackung z.B. aus Glas herstellten würde. Das setzt allerdings voraus, dass der ganze Lebenszyklus eines Produkts angeschaut wird: «Understanding an item’s full life cycle, rather than one part, is helpful in understanding which options are the most environmentally friendly.» Allerdings: Glas wird im Gegensatz zu Plastik zu 99% recycelt. Überspitzt gefragt: «Was ist nachhaltiger? Höherer Energieverbrauch beim Einschmelzen von Glas und die Entstehung von CO2 oder die Vermüllung des Planeten durch Plastik?»
Fazit: Eigentlich sind Kunststoffe genial, können jede Form annehmen und sind leicht. Doch leider landen sie viel zu schnell im Müll und die meisten sind nicht biologisch abbaubar, sie werden also nicht zersetzt, sondern zerfallen nur in kleine Teile.
Plastikverschmutzung: Mehr Plastik als Fisch im Meer – die Grösste Müllhalde der Welt ist das Meer
Jede Minute fluten rund 15'000 Kilogramm Plastikmüll den Ozean! Dies hat schwerwiegende Folgen für viele Menschen und ihre Lebensgrundlagen. Und für die Natur: Wenn sich nichts ändert, wird bis zum Jahr 2050 fast jeder Meeresvogel Plastik im Magen haben und mehr Plastik als Fisch im Meer schwimmen. Seevögel verenden qualvoll an Handyteilen in ihrem Magen, Schildkröten halten Plastiktüten für Quallen und Fische verwechseln winzige Plastikteilchen mit Plankton. Und nicht nur Tiere haben Plastik im Magen. 2019 fand eine WWF-Studie heraus, dass wir Menschen im Durchschnitt fünf Gramm Plastik pro Woche über die Nahrung aufnehmen. Das ist ungefähr so viel wie eine ganze Kreditkarte. In einem Jahr macht das mehr als ein Viertel Kilo Plastik.
Das Problem der Plastikverschmutzung ist in diesem Ausmass ein eher neues: So ist rund die Hälfte des Plastiks, der je hergestellt wurde, nach 2000 produziert worden. Und 75 Prozent des ganzen Plastiks ist bereits wieder Müll.
Insbesondere in Südostasien, im weltbekannten Korallendreieck, gefährdet Plastikmüll eine unglaubliche Artenvielfalt. Zu den bedeutendsten Ursachen für den Plastikmüll in den Meeren gehören die massenhafte Verbreitung von Einwegplastik und die fehlende Infrastruktur für die Abfallentsorgung. Auf den Philippinen und in Indonesien kann beispielsweise ein Grosssteil der Menschen seinen Abfall nicht sachgerecht entsorgen. Es gibt meist weder eine Müllabfuhr noch Kehrichtverbrennungsanlagen – und schon gar keine Systeme zum Trennen von Abfall. Betroffen sind nicht nur Küstenregionen – vor allem in Südostasien gelangt viel Müll auch aus dem Inland über die Flüsse in die Meere.
WWF: «Plastic Smart Cities»
Die «Plastic Smart Cities Initiative» unterstützt Städte wie Donsol in den Philippinen dabei, die Verschmutzung der Umwelt durch Plastik zu verringern: mit innovativen Ideen zur Plastikvermeidung, mit zukunftsträchtiger Abfallentsorgung, sicherer Abfalltrennung und höheren Recycling-Raten. Ziel der WWF-Initivative: Bis 2030 gibt es 1000 «Plastic Smart Cities».
In aller Munde: Mikroplastik
Als Mikroplastik werden nach einer Definition der National Oceanic and Atmospheric Administration von 2008 kleine Kunststoffteilchen mit einem Durchmesser unter 5 mm bezeichnet. Noch kleinere Kunststoffpartikel in der Grösse von 1 bis zu maximal 1000 nm werden als Nanoplastik bezeichnet.
Dabei kann unterschieden werden zwischen den zu Gebrauchszwecken produzierten Mikroplastikpartikeln, z. B. in Kosmetika, Zahnpasta oder Babywindeln, und solchen, die durch den Zerfall von Kunststoffprodukten entstehen (Plastikmüll). Allerdings verursachen Kunststoffpartikel beiderlei Herkunft Probleme in der Umwelt, insbesondere, weil sie schwer abbaubar sind und eine ähnliche Dichte wie Wasser aufweisen.
Zero Waste – was ist das?
Damit könnte man einen eigenen Newsletter füllen (werde ich später vielleicht mal machen). Da Plastik und Zero Waste of miteinander hergehen, darum hier eine kurze Erklärung.
Unter dem Namen «Zero Waste» (zu deutsch: Null Abfall) ist eine Bewegung entstanden, die die Vermüllung dort zu bekämpfen versucht, wo sie beginnt. Produkte, Verpackungen und Materialien werden verantwortungsbewusst produziert, konsumiert und wiederverwendet. Es wird kein Müll verbrannt. Schadstoffe gelangen nicht in die Erde, ins Wasser oder in die Luft. Kommunen, visionäre politische Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger sowie innovative Unternehmerinnen und Unternehmer beweisen, dass es möglich ist, Ressourcen effizient zu nutzen, die Umwelt intakt zu halten, nachhaltig zu konsumieren und neue Arbeitsplätze zu schaffen.
Über 400 Städte und Gemeinden in Europa und eine zunehmende Anzahl von Kommunen weltweit setzen als Zero-Waste-Städte entsprechende Strategien um. Diese zielen darauf ab, die Müllflut zu stoppen – aber nicht, indem die Abfälle verbrannt oder deponiert, sondern Verfahren und Systeme entwickelt werden, die von vornherein keinen Abfall erzeugen. Der Kampf gegen die Plastikvermüllung setzt ganz vorne an: Einwegprodukte sollen abgeschafft und alternative Vertriebssysteme gefördert werden. Aber es geht auch darum, ein neues Interesse für einen abfallfreien Lebensstil zu wecken.
Die erste Stadt in Europa, die eine Zero-Waste-Strategie entwickelte, war Capannori. Im Jahr 2007 gab die Gemeinde im Norden der Toskana das Ziel aus, von 2020 an keinen Müll mehr zu erzeugen. Dafür erarbeitete sie einen umfassenden Plan. Die Verwertung von Müll soll durch getrennte Sammelsysteme maximiert werden. Wirtschaftliche Anreize sollen helfen, den Müll an der Quelle zu reduzieren. Zudem versucht die Gemeinde, mit verschiedenen Initiativen den Restmüll zu reduzieren. So haben Geschäfte eröffnet, die Produkte aus der Region ohne Verpackung verkaufen. Es gibt öffentliche Trinkbrunnen, die es überflüssig machen, Wasser in Plastikflaschen zu kaufen. In einer Wiederverwertungsstation können Bürgerinnen und Bürger Kleidung, Schuhe oder Spielzeug abgeben. Dort werden sie repariert und an Menschen mit geringem Einkommen weiterverkauft. Und die Stadt bezuschusst waschbare Windeln. Darüber hinaus veranstaltet sie Zero-Waste-Wettbewerbe, um den Einwohnerinnen und Einwohnern zu helfen, solche Initiativen anzunehmen und umzusetzen.
Die Ergebnisse sind beeindruckend. Zwischen 2004 und 2013 sank die Abfallmenge von 1,92 Kilogramm um 39 Prozent auf 1,18 Kilogramm pro Person und Tag. Noch beeindruckender ist, dass der Restmüllanteil pro Kopf und Jahr von 340 Kilogramm im Jahr 2006 auf nur 146 Kilogramm im Jahr 2011 fiel – ein Rückgang von 57 Prozent. Zum Vergleich: Im selben Jahr fielen in Dänemark durchschnittlich 409 Kilogramm Abfall pro Kopf an.
Das hilft für einen bewussten Umgang mit Plastik:
- Lebensmittel besser frisch und unverpackt als in Einwegverpackungen einkaufen oder in mitgebrachten Früchte- und Gemüsenetzen einpacken
- Wiederverwendbare (Stoff)-Taschen für das Einkaufen verwenden
- Leitungswasser trinken anstatt Wasser in Plastikflaschen kaufen (Achtung: nicht in allen Ländern empfohlen, unbedingt vorher jeweils abklären)
- Überflüssige Einwegprodukte aus dem Alltag verbannen / ausgehen lassen (z.B. Trinkhalme, Einwegteller und -besteck usw.)
- Ab und zu in einem «Unverpackt-Laden» einkaufen. Noch nie ausprobiert? In Luzern gibt’s in der Nähe vom Bahnhof bei der «wärchbrogg» eine Möglichkeit – schaut doch mal vorbei
- «To stay» statt «To go»: in Restaurants und Cafés Mahlzeiten und Getränke im eigenen, mitgebrachten Behälter kaufen – oder einfach mal den Kaffee in Ruhe vor Ort im Café trinken
- Bei Kosmetik auf Inhaltsstoffe achten. Flüssigseife, Peelings, Duschgel oder Mascara: Mikroplastik versteckt sich in manchen dieser Produkte - unter diversen Namen. Hinter Bezeichnungen wie Polyethylen (PE) oder Polyquaternium (PQ) können sich die kleinen Partikel verstecken. Auch flüssige synthetische Polymere, also in der Umwelt nur schwer abbaubare Substanzen können sich in Kosmetik verbergen. Zertifizierte Naturkosmetik kommt ganz ohne erdölbasierte Bestandteile aus. Ausserdem kann feste Seife für die Körperhygiene eine gute Alternative sein. Auch Shampoo und Haarkur gibt es in Seifenform. Für Peelings können Kaffeesatz, Zucker oder Meersalz verwendet werden.
- Kleidung lange nutzen. Häufig sind Sport- und Outdoorkleidung aus Synthetikmaterialien, aus denen sich bei jedem Waschen kleine Plastikpartikel, sogenanntes Mikroplastik, herauslöst. Diese können in der Kläranlage nicht komplett herausgefiltert werden und somit in unsere Gewässer gelangen. Auch unsere Kleiderschränke füllen sich immer wieder mit neuer (oftmals nicht sehr hochwertiger) Kleidung, weil man die alte nicht mehr sehen mag. Schon mal eine «Kleidertauschparty» mit den Freunden veranstaltet?
- Abfall trennen: Landet der ganze Müll im selben Mülleimer, wird er als Restmüll verbrannt und erzeugt Treibhausgase. Auch Recycling kann energieaufwendig sein, ist aber trotzdem noch besser, weil es Rohstoffe wie Plastik und Metall mehrfach nutzt.
Und hier ein paar weiteführende Links für alle, die noch ein bisschen mehr wissen möchten: